Audiowalk zum Tag der Befreiung

 Schon zum zweiten Mal mussten die Aktivitäten des Hamburger Bündnisses 8. Mai zum Gedenken an den Tag der Befreiung von der NS-Gewaltherrschaft unter den Einschränkungen der Covid-Schutzmaßnahmen stattfinden. Der szenische Stadtrundgang, der eigentlich geplant war, wurde letztlich von der Versammlungs- behörde nicht genehmigt. Stattdessen wurden dem Bündnis Kundgebungen am Stadthaus und im Gängeviertel zugesagt.

Mit viel Kreativität und Beharrlichkeit haben die Beteiligten des Bündnisses 8.Mai ein Alternativkonzept zum szenischen Stadtrundgang entwickelt und umgesetzt. Der Hamburger Öffentlichkeit wurde dadurch ein informativer Rundgang zu historischen Örtlichkeiten eröffnet, die einerseits im Zusammenhang mit Verbrechen durch Hamburger NS-Organe stehen sowie andererseits an das Wirken des Hamburger Widerstands erinnern.

An 4 Stationen dieses Audiorundgangs ist es möglich, in aller Ruhe und unter Wahrung der notwendigen Covid-Schutzmaßnahmen, informative und szenische Beiträge zum jeweiligen Ort des historischen Geschehens auf dem Smartphone anzuhören. Nach dem Einscannen eines QR-Codes ist in Hörspielen, Gedichten und Lesungen zu erfahren, was dort geschah.

Neben eindrucksvollen Schilderungen über die Geschichte des Stadthauses und seine Be- deutung als norddeutsche Terrorzentrale der Gestapo, können auch spannende Bericht- erstattungen über das Gängeviertel abgerufen werden. Die Hörer werden in kurzen Beiträgen über die heute wenig bekannte Bedeutung des Gängeviertels als historischem Ort der Organisierung des Hamburger Arbeiterwiderstands informiert. Über den steinigen Weg der NS-Opfer bei ihren Bemühungen um Entschädigung für erlittenes Unrecht und ‚Arisierung‘, als auch über die Rolle der Hamburger Finanzbehörde, informieren beeindruckende Audio- beiträge am Infopunkt Gänsemarkt.

Die AG-Neuengamme hat sich an dieser Aktion mit einem informativen Audiobeitrag über die kreative Widerständigkeit des beherzten Buchhändlers Felix Jud beteiligt. Der AGN-Beitrag kann im Rahmen des Audiowalks u.a. am Infopunkt Jungfernstieg abgerufen werden. Das Thema dieser Station befasst sich mit dem Widerstand der ‚Weißen Rose Hamburg‘ und in diesem Zusammenhang auch mit Felix Jud.

Mehrere hundert Menschen hatten sich am Nachmittag des 8.Mai zur Kundgebung am Stadthaus, welches auch zweite Station des Audiorundgangs war, eingefunden. Die Teilnehmerzahl nahm trotz der Auflagen der Polizei kontinuierlich zu, sodass sich nicht wenige Teilnehmer:innen spontan auf den Weg zu den weiteren Stationen des Rundgangs am Jungfernstieg und am Gänsemarkt begaben. Den heißbegehrten Guide zum Audiowalk hatten sie schon vorher an der ersten Station im Gängeviertel erhalten. Auf diese Weise war schon bald eine erfreulich hohe Beteiligung am Audiowalk zu beobachten.

Wer die Gelegenheit wahrnahm und gegen Ende der Kundgebung die Stationen des Audiowalks aufsuchte, konnte eindrucksvolle Szenen beobachten. Insbesondere von den jüngeren Teilnehmer:innen wurden die Audiobeiträge mit überraschend großer Anteilnahme aufgenommen. Auch an der Station Jungfernstieg und vor der Buchhandlung Felix Jud & Co. versammelten sich immer wieder kleine Gruppen von Zuhörer:innen, die anschließend Blumen niederlegten. Das war sehr bewegend. Am Neuen Wall hatten sich Teilnehmer:innen des Audiowalks vor der Buchhandlung auf der Straße niedergelassen und lauschten aufmerksam dem AGN-Audiobeitrag, den sie mit voller Lautstärke auf einer Boombox abspielten. Die Szene vermittelte den Anflug einer Ahnung, wie es sich wohl anfühlt, wenn antifaschistisches Engagement endlich in der Normalität unserer Gesellschaft ankommt. Kurz: der Audiowalk fand großes Interesse.

Auf der gut besuchten Abschlusskundgebung im Gängeviertel sprach u.a. Esther Bejerano über ihren Leidensweg während der Shoah, ihre Befreiung vor 76 Jahren und die Notwendigkeit, der heutigen Rechtsentwicklung und insbesondere dem immer aggressiver auftretenden Antisemitismus wirksam entgegenzutreten. Ein würdiger Abschluss dieses ereignisreichen Aktionstages.

An dieser Stelle sei ein großer Dank an die Aktiven des Bündnisses 8.Mai gerichtet. Insbesondere muss das unermüdliche Engagement der jungen Aktivist:innen hervorgehoben werden, die u.a. den eindrucksvollen Audioguide sowie die umfangreiche Socialmedia gestalteten. Auch die kreative Aufmachung der gelungenen zentralen Website gibt wieder, mit welcher Hingabe sie sich einsetzten. Ohne ihre Begeisterung und ihre umsichtige Organisation, wäre dieser Aktionstag zum 8.Mai nicht möglich gewesen. Respekt! Der gemeinsame Einsatz hat sich gelohnt.

Und wer zum Audiorundgang bisher keine Gelegenheit gehabt hat…. Kein Problem! Der Audiowalk wird auch noch nach dem 8.Mai eine Zeit lang auf der Website des Bündnisses unter http://8-mai-hamburg.de  zugänglich sein, wie auch ein Link zum Ausdruck des Audiowalk-Guides.

Es ist also weiterhin möglich, Zeitpunkt und Ort der Teilnahme nach eigenen Bedürfnissen zu wählen.